Kunden besser und schneller verstehen

Die Neubrandenburger Stadtwerke (neu.sw) wollten ihr Kundenmonitoring neu aufstellen, um die Leistungen und Services des kommunalen Versorgers zu erfassen und zu optimieren. Die Berater Ingo Dammasch und Dirk Helmold vom Forschungsinstitut rc - research & consulting GmbH haben mit einem Mix an Erhebungsmethoden ein agiles und innovatives Erhebungsinstrument aufgebaut. Somit wird die Analyse der Customer Experience flexibel und agil.

Die Ausgangslage. Seit über einem Jahrzehnt führen wir zur Messung und Optimierung der Kundenzufriedenheit alle zwei Jahre eine telefonische Befragung von Haushalten im Versorgungsgebiet der Neubrandenburger Stadtwerke durch. In der Vergangenheit hat sich der telefonische Kundenmonitor als ein verlässliches Messinstrument erwiesen, doch sinkende Teilnahmebereitschaft und Erreichbarkeit, geringere Ausschöpfung und hohe Kosten machten eine Neubewertung der Erhebung notwendig. Aus Unternehmenssicht ist es unerlässlich, weiterhin die Kunden zu befragen, um sie in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen und eine gute Customer Experience zu bieten. Insbesondere in der Energiebranche mit ihren klassischen „Low Involvement“-Produkten bietet sich mit einem optimalen Kundenerlebnis die Chance, sich vom Wettbewerb abzusetzen. Im Kontext dieser Anforderungen haben wir speziell für die Neubrandenburger Stadtwerke ein Konzept entwickelt, das verschiedene Säulen der Kundenbefragung ideal miteinander kombiniert.

Der methodische Ansatz. Online-Befragungen mit einem Access-Panel kamen im relevanten Versorgungsgebiet von neu.sw nicht in Frage, da die Rekrutierung ein zu geringes Kontingent an Personen hervorbrachte. Daher haben wir einen multimodularen Ansatz gewählt, um eine kontinuierliche Analyse und Optimierung der Leistungen zu ermöglichen. So haben wir seit 2020 mehrere Befragungswege in unterschiedlicher Frequenz beschritten, um die unterschiedlichen Produkte der Stadtwerke zu evaluieren: telefonischer Monitor (CATI), Adhoc-Online-Befragungen, Ad-hoc-Popup-Befragungen über die Website sowie stationäres direktes Kundenfeedback mittels Terminals am PoS im neu.sw-Kundencenter. Ziel ist dabei immer, positive und negative Entwicklungen bei der Kundenbeziehung zeitnah zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung schneller ableiten zu können. Laut Aileen Winter, Projektverantwortliche bei neu.sw, führte der Ansatz dazu, „dass wir als neu.sw neue Erkenntnisse gewinnen konnten, die es uns ermöglichen, nahe am Kunden zu arbeiten. Durch die daraus gewonnenen Handlungsempfehlungen können wir schneller und effektiver auf die Bedürfnisse unserer Kunden reagieren.“

Telefonischer Monitor (CATI): Der CATI-Monitor ist weiterhin die Basis der Messung der Kundenbindung und wird als telefonische Befragung alle zwei Jahre durchgeführt. Gleichwohl wurden die Inhalte deutlich komprimiert und die Befragungsdauer mehr als halbiert, um die  Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht zu überfordern und die Ausschöpfung damit hochzuhalten. Kernthemen wie Bekanntheit und Nutzung der Leistungen, KPIs der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung sowie Blöcke zu den Bereichen ÖPNV, Multimedia und Kommunikation sind weiter Bestandteil des Kerninstruments.

Community Management System (CMS): Über eine Anmeldemaske inklusive Double-Opt-in-Verfahren konnte über verschiedene Kanäle wie Website und Newsletter eine hohe zweistellige Zahl an „Involvierten“ für eine Community rekrutiert werden, die sich bereit erklärt haben, regelmäßig an Befragungen teilzunehmen. Diese bilden gewissermaßen das neue „Fundament“ für die Online-Befragungen.

Ad-hoc-Online-Befragungen: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden aus der Community rekrutiert. Sie durchlaufen einen kurzen Screener, um sich thematisch zu qualifizieren. Das Instrument eignet sich besonders, um ein Schlaglicht auf ein bestimmtes Thema wie den Service oder die Leistungen zu werfen. Diese Art von Befragungen werden kurz gehalten, maximal fünf Minuten.

Ad-hoc-Pop-up-Befragungen: Diese Befragungen sind dazu geeignet, sich agil mit einem Thema zu befassen, sei es der ÖPNV oder die Nutzungszufriedenheit von Apps. Der Unterschied zu Ad-hoc-Online-Befragungen liegt darin, dass vorrangig über die Website mittels eines Pop-up-Fensters rekrutiert wird, um möglichst alle Kunden sowie Nicht-Kunden zu erreichen. Auch hier erfolgt ein Screening aller potenziellen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, um hohe Ergebnisgüte gewährleisten zu können.

Stationäres Kundenfeedback: Das Echtzeit-Feedback in den Kundencentern ist ein wichtiger und authentischer Kanal, um quasi ungefiltert unmittelbare Meinungen und Bewertungen etwa zu Beratungsleistungen zu erhalten. Hier geht es darum, mit einer minimalen Zahl an Fragen (drei plus gegebenenfalls soziodemografische Merkmale) Leistungen zu analysieren und gleichzeitig den Kunden die Möglichkeit zu bieten, einen
Anstoß zur Verbesserung der Leistungen zu geben. Aufgrund der Corona-Pandemie wird das Instrument erst seit diesem Jahr eingesetzt. Die Befragung wird mittels eines Terminals mit integriertem Tablet durchgeführt.

Online Reporting. Um die Ergebnisse der Befragungen schnell, optisch ansprechend und mit Mehrwert zur Verfügung zu stellen, werden die Kernergebnisse in Echtzeit in ein Dashboard übertragen und stehen der neu.sw damit – neben den herkömmlichen Ergebnisberichten in PowerPoint – unmittelbar zur Verfügung. Damit ist ein Tracking aller relevanten KPIs und zentraler Ergebnisse der Befragungen gewährleistet.

Die Rahmenbedingungen. Ein multimodulares Projekt umzusetzen, erfordert hohen Datenschutz. Dies betrifft das Management der Teilnehmenden in einem geschützten und DSGVO-konformen Community Management System (CMS), die Verwaltung und Speicherung der Kontaktdaten sowie die strikte Trennung von personenbezogenen Daten und Befragungsdaten.

Der Ausblick. Neben der Implementierung und Etablierung des stationären Kundenfeedbacks sind für das Jahr 2024 weitere Ad-hoc-Pop-up-Befragungen zu den Themen Website und Busverkehr geplant. Zudem soll in einem offenen, qualitativen Rahmen Feedback zur Neuaufstellung der Multimedia-Leistungen eingeholt werden. Auch das Thema Zufriedenheit unter Geschäftskunden wird einen Fokus darstellen.

Der Benefit: Durch den gewählten modularen Ansatz kann der Kunde besser und schnell verstanden werden – flexibel und agil nach aktuellem Bedarf. Aileen Winter von der neu.sw dazu: „Durch den flexiblen Einsatz der verschiedenen Marktforschungsmethoden gelingt es, das Gros unserer Kunden zu erreichen. Die Umsetzung dieses multimodularen Konzeptes hat uns in Bezug auf die Kundenzufriedenheit ein ganzes Stück vorangebracht. Im Zuge des Projektes konnten wir unsere Kunden besser kennenlernen, was es uns ermöglicht, noch gezielter auf ihre individuellen Anliegen einzugehen. Durch die neu gewonnenen Erkenntnisse konnten wir nicht nur reaktiver, sondern auch ein Stück weit proaktiver werden, um die Erwartungen unserer Kunden zu erfüllen.“

Erschienen am 17. Juni 2024 in der p&a, Heft 2/2004, Seiten 34-35.

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